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ZHAO TINGYANG 

=> Alles unter dem Himmel. Vergangenheit und  Zukunft der Weltordnung, Frankfurt 2020.

 

Es ist, als hätte Zhao Tingyang für mich als Gesprächspartner geschrieben, für meinen Denkansatz: Vernunft als Regentin der Welt! Für ihn, was seinen Leitgedanken angeht, sozusagen im gleichen Geist: „Alles unter einem Himmel“. Mit ihm tritt chinesische Philosophie auf, die in ihm selbstreflexiv geworden ist, miteinander sprechen lässt, sich gegenseitig auszutauschen und am Orientierungsgebot für Besonnenheit in den Verantwortungen für die geistige Welt des Fortschritts einzutreten und an der Vermittlung zu arbeiten.

 

Ein Spiegel-Artikel von Bernhard Zand hat mich auf Zhaos Gedankenwurf aufmerksam gemacht und mir eine authentische Stimme Chinas zu meinen Kronzeugen G.W.F. Hegel und Richard Wilhelm eingespielt. Zhaos Gedankenentwicklung hat mich in den essenziellen Übereinstimmungen überrascht und durch kontrastierende Ausführungen bereichert, er hat epische Breite geleistet, auch hat er für Differenzierungen und Modifikationen diskurshungrig gemacht, mit ihm den Gedanken des Konzepts Tianxia beziehungsweise der Vernunft voranzutreiben, der sicherlich in den neuen Kreislauf um die Welt gehen wird. Hegelsch: Auf höherer Stufe des Bewusstseinserfassung, dass die Weltgeschichte im Osten aufgehe, wieder eine neue Spiralwindung einleite, die den Hervorbringungen der großen Weltkulturen folgt.

 

Die Herausforderungen, die den Fortschritt betreiben, entspringen, so Zhao,  den Problemen, Interessen und Operationen in den angestrebten Lösungen für eine Weltauffassung der Inklusion, die gehalten ist, koexistierend Hobbes und Xunzi, konkurrierende Dschungelwelt und wohlbeförderliche Ordnungswelt  zusammenzubringen, aber als relationale Rationalität, als Modell der kooperativen Koexistenz, in etwa als Vorstellungshilfe das, was, deutsch buchstabiert, in die „soziale Marktwirtschaft“ sozialstaatlich hineinimaginiert wird, universell, für die Welt in toto. Von mir als Unterfütterungsbedarf einer UN-Weltregentschaft durch neue Weltakteure des transatlantischen und transhimalayischen Zusammenspiels in spe gedeutet, den Prozess der jeweiligen weltregionalen Zusammenschlüsse voranzubringen und für den leistungsfähigen Selbststand weltweit und insbesondere in der jeweiligen Hemisphäre vorzustehen. Mammutaufgaben, um die Überlebensfähigkeit der Menschheit auf der Erde handlungsmächtig und menschenwürdig organisieren und voranbringen zu können.

 

Corona-Pandemie hat uns alle in Verlegenheit gestürzt, ist gewissermaßen wie ein Vorzeichen auf Klimaveränderung, Atomgefahren, Wirtschaftskrisen, Völkerelend, Konzeptlosigkeit der Welt in toto, sich den Herausforderungen einer tragfähigen Weltordnung für das Überleben auf dem blauen Planeten stellen zu müssen. Es besteht ein ungeheurer Bildungsbedarf an Aufklärung und Umgestaltungswillen, alten Mentalitäten entgegen. Es geht nicht um einen Kampf der überlieferten Kulturen gegeneinander, sondern um Einforderung einer Ethik, die aus den Anforderungen der  Technik, der Teilnahme und auch Teilhabe an der technischen Zivilisation heute einen verantwortlichen und rechtsverbindlichen Umgang im Weltmaßstab ableitbar auferlegt.  Alte Kulturen sind  in aller Ehre zu tolerieren, technische Lebenswelten verlangen bei aller Unterschiedlichkeit, dass sie weltweit für Berechenbarkeit und Verträglichkeit dem Menschen gegenüber kompatibel und menschengerecht sind.

 

Ein Wort noch zu Hegel, zur Personalität des Menschen, die verstanden sein will, da sie dem Einzelnen in den gemeinschaftlichen Lebensbezügen die zentrale Neuerung des okzidentalen Denkens einspielt, dem einzelnen Menschen Wert und Würde zuerkennt, als Vernunftwesen einen Eigenwert zu haben, als ein Wesen, das Ich zu sich sagt, das denkt und erkennt, weiß und will ,tut und  handelt, bevor das gemeinschaftliche Wir beginnen kann. Sinnlich, physisch natürlich andersherum. Um zum Punkt zu kommen. Unsere Welt wird vom Willen zu Rechtsgesetzen einer geordneten, friedlichen und lebenswerten Welt getragen, dass auch das Einzelwesen nicht durch gemeinschaftliche Vergewaltigung terroristisch ausrastet, dazu verleitet wird,  ist es in seiner Würde als Einzelwesen zu nehmen und zu achten und zu schützen und ist ihm die geschuldete Vernünftigkeit und Rechtsstellung zu erweisen, die im Gefolge auch  die ‚pädagogische‘ Einweisung in Rechtspflichten wie auch die zu leistende moralische Observanz bedeuten.

 

Platon und Konfuzius im Dialog, ich wünschte, ihn rein von der Lebenszeit her noch erleben zu können. Ich setze auf Zhao Tingyang und andere gesprächshungrige Geister des Okzidents. Die Kunst im Verstehen und  Auslegen der Texte ist ein weites Feld in der Wünschbarkeit, zu angemessener Orientierung und Besonnenheit in unserer Zeit der Herausforderungen befreit zu werden. Ich habe Platons ‚Höhlengleichnis‘ für mich entdeckt und gewahre nach einer langen Zeitreise des Lebens die eigene Winzigkeit angesichts so vieler neuer, sich auftürmender Herausforderungen, weiß aber, ein schönes Gefühl, dass die chinesische Selbstreflexion des Gedankenguts zur nächsten Etappe eines freundschaftlichen Dialogs zwischen Ost und West wird, zu gemeinsamem Weltbürgertum, ‚Alles unter einem Himmel‘, unter dem Panier der Vernunft aller, der Gattungsvernunft!

 

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