EIN BISSCHEN MEHR ALS EIN STATEMENT
Was als Testfall für die deutsche Politik in Bezug auf die UNO im Textbeitrag: „Was rettet die SPD vor dem Absaufen“ (bei Facebook eingestellt) eingespielt worden ist, um eine entsprechende Reaktion zu provozieren , sollte durch Zuordnung, was die kleineren Parteien angeht, und fehlende Einbeziehung, was die beiden Volksparteien betrifft, verwundern lassen und auch für einen Moment begriffsstutzig machen. Gedanklich war bei mir die nationalsozialistische Hybris Deutschlands der Ausgangspunkt, ob die Aufarbeitung jener Zeit dazu schon berechtigt, dem Sprichwort zu widersprechen: Der Apfel fällt nicht weit vom Baum. Anders gefasst: Haben wir die deutsche „Seinsvergessenheit“ als seinsbewusste Seiende à la Heidegger aufgearbeitet und wirklich überwunden? Der bloße Hinweis auf den Artikel 1 des Grundgesetzes ist kein Beweis. Wir haben den Anspruch auf dem Papier und die Wirklichkeit im tatsächlichen Leben zu unterscheiden.
Die Frage: Kreisen wir in unserem Denken nach wie vor um uns selbst und sind nur selbstbezüglich seinsbewusst und überhaupt nicht im alten Sinne selbstvergessen? Im Prinzip nationalzentrisch, nur um uns selbst besorgt und sonst nichts mehr in unseren politischen Anstrengungen und zuhöchst mit Blick auf die UNO eigentlich ohne authentisches Engagement, ohne weltbürgerliches Selbstbewusstsein? Vielleicht mit der Flüchtlingspolitik ein bisschen mehr interessiert, auch nachbarschaftlich einfordernd, denkbar, bloß dem eigenen Hauskreuz geschuldet oder doch mehr der Mitarbeit an weitergreifenden, an weltpolitischen Lösungen wie auch dann der daraus resultierenden Hilfestellung für sich. Ich vermag weniger ein authentisches Engagement über die Jahre hinweg zu erkennen, nehme ich die EU als Vergleichspunkt, wie unbeweglich und wegduckend die Regierungspolitik auf Herausforderungen reagiert und selbst sogar den aktiven Europäer Macron im Regen stehen lässt. Wer vermöchte da noch zu glauben, das würde mit Blick auf das deutsche Bewusstsein und die entfernten Vereinten Nationen in New York anders sein? Von Karrieristen der Aufstiegsleiter und der Sonntagsworte abgesehen. Unvergleichlich zu den vielen menschheitlich Naturbesorgten und mitmenschlich Engagierten und den ehrenamtlichen Kümmerern, über die hinweg eine verfestigte Machtstruktur ihr eigenes Gruppeninteresse ausspielt, vermeintlich alternativlos wichtig, selbstgewiss monistisch.
Es ist nicht die Politik allein zu schelten, der Wurm steckt auch in den Medien, die zum Publikum das Nadelöhr sind und es verstehen, ihre unkontrollierte Machtstellung hinter einer anarchischen Angebotsvielfalt zu verstecken, dadurch auf den Vortrag kritischer Angriffe parieren kann und jedem Negativen hier mit dem Positiven dort begegnen und den Vorwurf der Einseitigkeit entwaffnen kann. Was unkontrolliert bleibt, ist die Willkür der Themensetzung, der Zuschnitt, die Tonalität, die Wiederholung von Spannung oder Langweiligkeit im Zusammenhang mit den Ereignissen, ihrer Auswahl, Gewichtigkeit, Rangfolge und Überprüfbarkeit, der Manipulierbarkeit für Nachprüfbarkeit entgegen. Wer möchte nicht Gremien darüber streiten sehen, dem Vielerlei an Betriebsblindheit entgegen, nicht die Frösche, die über ihren Sumpf recht zu quaken wissen, auf Selbstrechtfertigung hinaus. Kurzum: Die Macht der Medien ist zum Treiber der Politik geworden. Ein blinder Anarchismus. Sogar im Paradox, dass unsere häuslichen Medien sich als Getriebene des Echos – ihrer unsichtbaren Hand für Abspiegelungsbedarf – vermeinen. Weltöffentlich verhält sich die Sache nicht anders. Allerdings schroffer: Konfrontative Flipperspiele von Schlagzeilen, Akteuren und Ereignissen. Sie rauschen durch und verhindern Nachdenklichkeit über unsere globale Verfassung für lokale Orientiertheit. Da gibt es keine Instanz, die der unsichtbaren Hand der Weltöffentlichkeit in den Arm fällt. Ein Ringen um eine ganzheitliche Weltperspektive in Bezug auf die Weltlage für eine geordnete Weltsicht findet nicht statt. Wer wüsste für die Bundesrepublik Deutschland um Beiträge aus der Parteienlandschaft und aus dem Parlament zu berichten, dass wir mit großem Engagement in den Organisationen der Vereinten Nationen an den Herausforderungen, Aufgabenstellungen und Zielsetzungen mitgewirkt haben, mitwirken? Und von daher auch in unserem Land Begeisterungsfähigkeit zu wecken suchen, nämlich durch Diskurs, Debatte und Entschiedenheit unserem Weltbürgertum einen wirklichen politischen Stellenwert zu geben, über das bloße Wechselspiel von Konfrontationen in der Welt hinaus. Es geht um Urteilskraft von höherer Warte aus, um geopolitische Wahrnehmung für Kontextuelles, für den funktionalen Zusammenhang des Ganzen und die ausgelösten Zusammenstöße wie auch um die um sich greifenden Wechselwirkungen von jedem Ort aus im Geflecht der Welt. Die Spielanalyse im Fußball, Anfänge Klopps im Fernsehen vor Augen, ein vorstellungskräftiges Vergleichsbeispiel. Viel mehr als Analyse vor und nach der Wahl in Bezug auf Wählergruppen wie Beliebtheitswerte der Akteure hat das politische Feld nicht anzubieten. Geopolitische Bewusstseinsanalytik in Vergleichbarkeit: Fehlanzeige.
Was die politische Handlungslosigkeit der Bundesrepublik betrifft, sei es EU oder UN, zeigt die Absenz auf, mit Vormundschaft begründet, ja doch nichts zu sagen zu haben und auch noch anders im Handicap zu sein und von daher gar nicht erst anzufangen. Das Verständnis für nützliche Mitarbeit auf gemeiner Ebene war wohl noch nicht im Denken. Auch nicht, was Mitgestaltung bedeutet, von der Mitarbeit an der weltpolitischen Lage dergestalt selber zu profitieren, nämlich dadurch übergreifende Orientierungen und Realitätsbewusstsein im Weltganzen – direkt an der Quelle – auch für eine eigene staatliche Politik an Besonnenheit zu gewinnen. Das Ideelle in gäriger Gestalt des Wahrzeichens einer Welteinheit hat nicht das Engagement herausgefordert. Die Wahrheit ist die realpolitische Unterordnung und das Angebundensein gewesen und im bloß subalternen Denken nur für sich das Beste daraus zu machen. Jaja, ein Mündel, mündig geworden, kann sich nicht mehr wie vorher darauf verlassen, in neu zuerkannter Berechtigung und Verantwortung die zugehörigen Verpflichtungen abgenommen zu bekommen und bei einem ehemaligen Vormund abzuladen!
Versäumnisse, nicht schöpferisch und gemeinnützig am Europa- und Weltbürger in der Breite mitgearbeitet zu haben, holen uns heute ein. Wir erleben eine Parteienlandschaft mit wesentlichen Grundelementen einer Ausdifferenzierung für weltpolitische Anteilnahme ausgestattet, allerdings von Kraftlosigkeit, Zerrüttung und Reflexionsmangel geplagt, im Niedergang, völlig desorientiert, was ihre Arbeitsteiligkeit, ihr Zusammenwirken in der deutschen Hauspolitik wie auch ein besseres Wiedererkennen in den allgemeinen weltpolitischen Herausforderungen und den noch ungeordneten Vorprägungen durch die Organisationen der Welt angeht. Vom Telos der UN in konstruktiver Mitarbeit zu ihrer Verwesentlichung inspiriert, das hätte auch die provinziell anmutende Sichtfahrt deutscher Politik aufheben und über bloß mehrwertschaffendes Besitzstandsdenken der Politökonomie hinaus den Geist der Mitverantwortung beflügeln können, sich couragiert für das Weltbürgertum einzusetzen und das sogar mit dem Integrationsprojekt in Bezug auf die europäische Weltregion als Teil des Weltganzen! Dem deutschen Staatsbürger wird ein volatiles Weltbewusstsein zugemutet, vergleichbar jener Zeit vor Erfindung der schriftlichen Bewusstseinspräsenz und noch nicht - in Steintafeln und Säulen für die Öffentlichkeit gemeißelt.