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Blumenberg

Höhlengleichnis, an der eigenen Lebenswirklichkeit und geschichtlichen Wahrheit vorbei: Das Erstaunliche bringt Blumenberg fertig. Er fordert eine finale Neukonstruktion des Höhlengleichnisses. Die Aufklärung der Höhlengefangenen interessiert, auch sollte eine „Zumutung höherer Wahrheiten“ entfallen. Gehlens Institutionentheorie orientiert. Das entlastende Moment der überindividuellen Institution für das Höhlenleben soll bleiben, das negative Moment der Schutzlosigkeit voreinander ist auszufiltern, zu eliminieren. Im Scheitelpunkt des Ganzen dieser letzten Höhle: „Aus der Überredungsphilosophie wird Gefälligkeitsphilosophie“: Seid nett zueinander. Ach je! Was für ein Resultat. 

Und ein aufgeblähter historischer Rückgang nährt den Bildungsphilister, am bedingungslosen Höhlenuntergang und Höllensturz der so kurzzeitig Tausendjährigen vorbei, die sich wahrhaft nicht nur „tausendjährig“ mit dieser epochewendenden Wahnsteigerung und verbrecherischen Ausführung der Geschichte eingeschrieben haben. Und es wäre Blumenberg vorzuhalten gewesen, weilte er noch unter den Lebenden, mit seinen „Höhlenausgängen“ am Aufarbeitungsbedürfnis vorbeigeschrieben zu haben. Er hat sublimiert, die Frage nach dem Geist der Menschlichkeit missen lassen: Warum habt ihr getan, was ihr getan habt? Erschossen, gehängt, vergast. Erschlagen. Zum experimentellen Material gemacht. Bis zum Verrecken das letzte an Arbeitskraft ausgeraubt. Den Brutalitäten, Demütigungen und Gelüsten ausgeliefert. Kinder, Männer und Frauen, Alte. Was habt ihr gefühlt und gedacht, wie uns geschehen ist, geschieht? Wie konntet ihr so abgestumpft, gleichgültig und gewissenlos Ausgrenzung, Entrechtung, Verfolgung und Mord hinnehmen?

Blumenberg hat keinen Klartext, keinen Relevanzanspruch, durchstreift Geistesgeschichte assoziativ, spielt an, zerfasert, springt weiter. Gänzlich unverständlich bei seiner Vita, die einen kritischen Umgang mit dem Höhlengleichnis ohne Karrieregefahr gestattet hätte. Wem glaubte er mit dem bombastischen Werk „Höhlenausgänge“ aus der Höhle zu helfen und wem einen Gefallen zu tun? Es ist ein Lesebuch für alle und keinen und der Versuch einer „Theorie der Lebenswelt“ nimmt nicht die Phänomene der Höhle auf, sondern gibt sich einfach abstrakt metagescheit und harmlos, weicht der eigenen Forderung aus, „Wahrheit zu gewinnen.“ Mit Hegel wäre zu erinnern: Hic Rhodos, hic salta! Stichworte der deutschen Höhlenwelt konkret: Pimpf, Schule, HJ, BdM, KdF, Arbeitsfront, Propaganda, Hakenkreuz, Heilruf, Presse, Volksempfänger, Mordwoche, Rassegesetze, Wochenschau, SA, SS, Partei, Herrenvolk, Führergott, Weltkrieg, KZ, Völkermord, insonderheit Judenausrottung. Im Kontrast dazu Blumenberg:

Die phänomenologische Wendung macht neue Fragen an das Modell der Höhle unausweichlich; sie lenkt das Interesse ab … von dem esoterischen Aufstieg zu den Ideen und von der Rückvermittlung als Lehre an die in der Höhle gebliebenen. Was bleibt, wenn der glückliche Zufall dieser einer Befreiung nicht eintritt? Wenn der Befreite nicht als Lehrer zurückkehrt? Wenn die Zurückgebliebenen dem Zurückkehrenden nicht zu glauben vermögen, was er sie lehrt? Im Grunde richten sich all diese Fragen darauf, welche Möglichkeiten in der Höhle selbst und ohne Überschreitung der hier gegebenen Situation verbleiben, Wahrheit zu gewinnen. (Lebenswelt, S.162)

Wie wahr! Blumenberg ist sich seiner selbst „in der Höhle“ nicht sicher gewesen. Er hat die die Versenkung der „Wahrheit“ in seinem Werk „Höhlenausgänge“ bezeugt, „dass in das Grabgewölbe des Ehrenmals in Tannenberg drei Bücher eingesenkt worden waren: Hitlers ‚Mein Kampf‘, Rosenbergs ‚Mythus des XX. Jahrhunderts‘, Nietzsches ‚Also sprach Zarathustra‘. (Höhlenausgänge, S. 636)

Wer klärt auf? Wer immunisiert vor der Wiederholungsgefahr? Wer schärft die Wahrnehmung, zieht den Nebelschleier fort und betreibt kein Versteckspiel der Umverlegung und Zurückverlegung? Wer spricht zu den Deutschen: De te fabula narratur! Ja, der Wiederholung entgegen, der Ausgeburt einer Höllenveranstaltung. Und wir sprechen nicht mehr vom Zauberlehrling des Dichters, sondern von Potenzierungen der im Höhlengebräu entstandenen Herrengewalt konkurrierender Welten, nun schon wieder, auf dem großen Spielfeld über Gut und Böse hinaus, zum Showdown bereit: 

„Die Ausgeburt der Höhle ist ein Monstrum: Un être toujours également important et incompréhensible. Etwas Ungeheuerliches auszudenken und den Menschen in die Köpfe zu setzen, das ihnen mehr bedeuten würde als ihr Leben und worüber sie sich niemals würden friedlich sich einigen können – das ist der Beschluss de Menschenfeindes. Er ist, wie bei Plato, am Ort der Erhebung des Nichtigen zum Seienden. Sogar zum Absoluten. Als der Rächer die Höhle verlässt, hat er erfunden, was dies alles bewirken würde. Laut den Namen seiner Erfindung ausrufend: ‚Gott‘, ce nom redoutable, stürzt der Verächter der Menschheit ins Freie unter die Menschen. So wird es ein Jahrhundert später Zarathustra (sic!!!) wiederholen, diesmal den Tod desselben Gottes verkündend. Bei Diderot verfällt die Menschheit sogleich in den Bann ihres ersten Evangeliums: Anbetung, Streit und Eifer, Bannfluch und Ketzertötung beginnen – die Menschen tun, was ihr feindseliger Prophet aus der Höhle ihnen zugedacht hat.“ (Höhlenausgänge, S. 515)

Unbewältigte Vergangenheit, schimmert sie bei Blumenberg durch? Er, der kein wirklicher Aufklärer ist, nicht offen, sondern wie versteckt konterkarierende Momente eingestreut hat und den kritischen Leser an ein Palimpsest denken lässt. Hat er eine ursprüngliche Hommage an Nietzsche übermalt und im Nachhinein Gegenbotschaften eingepflockt? Ein jugendlicher Bewunderer, erschrocken über die Folgen, aber schon bis in die tiefsten Wurzeln kontaminiert, unfähig, sich die süße Selbstvergiftung einzugestehen und durch Geständigkeit auszureißen. Von vielen geleugnet als Erbschuld, vom Dichter zur Felix Culpa geadelt, klassisch von „Furien“ zu „Eumeniden“ verwandelt!

Sicherlich ein „Fauxpas“ des geschichtlichen Höhlenforschers, der doch „Zarathustras“ Höhlenaustritt nicht nur mythisch, sondern auch reell erlebt weiß und ausblendet. So genau möchte Blumenberg den schützenden Mythos nicht hinterfragen und auflösen. Von Anfang an. Das methodische Reflexionsschema für den geschichtlichen Durchmarsch wirkungsgeschichtlich aufzufindender Belegstücke präzisiert er selbst kurz und knapp.

„Es bleibt beim alten, beim Szenarium der Höhle, mit Licht und Dunkel, Oberwelt und Unterwelt, Außen und Innen sowie dem Weg zwischen den beiden, schließlich dem oder denen, die diesen Weg beschreiten oder auf ihm geführt werden.“ (Höhlenausgänge, S. 303) Diese Kombinationsgrößen, versehen mit dem zu reflektierenden Hin und Her der Bewegungen, umreißen im Kern Blumenbergs Bestrebung, die geschichtliche Spur aufzunehmen und dem philosophischen wie literarischem Feld eine Vielfalt von weiterführenden „Ansichten“ abzugewinnen, die auf Höhlenbewusstsein schließen lassen. 

Eine textgetreue Einlassung, Grundlegung und Deutung des Originals leistet Blumenberg nicht. Er kürzt das Gleichnis im Politeia-Komplex auf die zum Zuge gekommenen Reflexionsgrößen, befreit sich für viele „Ansichten“ ohne Erschließung von „Einsichten“, liefert jeweils viel Spreu und wenig Weizen zum Gleichnis selbst wie zum staatlichen Politeia-Verständnis. Was er an Hegel reflektiert, da verkehrt sich das Verhältnis der Schwerverständlichkeit von verstiegener Kritik und es leuchtet Hegels Politeia-Interpretation in seinen Platon-Vorlesungen (1825 -1826) geradezu für den Aha-Effekt gegen die Verschwurbelung des Anwurfs hervor. Da ist auch nichts mehr mit einem Denken der „Unbegrifflichkeit“ getan und gerettet.

Hätte er doch nur Hegels Rechtsphilosophie nicht weniger intensiv als Nietzsches Schriften studiert, hätte er das Gegenmittel zu Nietzsches „Zarathustra“ parat gehabt, den er rechtfertigend als „genius malignus“ der „Gesamtkunstwerkhöhle“ stilisiert, ästhetisiert (vgl. Höhlenausgänge, S. 616). Die Höhle als der Ort, wo der „Übermensch“ werden kann. Im Kontrast dazu die Hegel-Kritik: „Ein Staat ohne Höhlenausgang“. Es liest sich Blumenbergs Tonalität im Positionsvergleich unerträglich. Sicherlich steckt ein Stück Selbstrechtfertigung darin, ein Verdrängen der eigenen Empfänglichkeit und Unbesonnenheit, wie denn in jungen Jahren mit den guten Absichten die radikalen Sprüche der Umwertungen in den reellen Konsequenzen überlesen werden konnten. Es stellt sich einfach die Frage nach dem universellen Geist der Freiheit, der Menschlichkeit und der gebildeten Vernunft, wofür er weggeopfert worden ist.

Ein anderer Aspekt: Blumenberg ist gewissermaßen der nationalsozialistischen Höhlendekade wie dem Genozid entronnen, wusste um die Denke „Volksverrat“ und „Nestbeschmutzung“, die auch im Nachkriegsdeutschland noch fortschwelte. Wie sehr hat das auch im akademischen Betrieb noch Einfluss auf die Schreibfeder genommen? Das Werk „Höhlenausgänge“ ist 1989 an den Start gegangen, da nimmt sich die einfühlsame Nietzsche-Interpretation mit der Schuldzuweisung an die Schwester Elisabeth verfehlt aus. Auch Taureck, der Nietzsche als Politikum thematisiert hat, kritisch fündig geworden ist, hat schon ein paar Jahre danach seinen Frieden mit Nietzsche für Zitationswürdigkeit geschlossen. Martin Luther wird doch der Judenhass und anderes mehr auch konsequenzenlos nachgesehen. 

Was Blumenberg bezüglich seiner Quintessenz aus dem rezeptionsgeschichtlichen Streifzug aufgegangen ist, hätte er dem rechtsphilosophischen Hegel eingangs wie ausgangs entnehmen können, dass das Erkennen des „Unwirklichen“, was keinen Bestand hat, die Götzendämmerung, post hoc geschieht. Bei Hegel die Eule der Minerva, die im Abendflug auf den Tag, auf das Tageswerk zurückblickt, um des Wirklichen habhaft zu werden. Worauf Blumenberg zurückschaut, was denn seine Weisheit letzter Schluss ist: „Kampf ums Dasein“. Hegels Ultima Ratio: „Es gibt keinen Prätor, höchstens Schiedsrichter und Vermittler zwischen Staaten, und auch diese nur zufälligerweise“. Hegel benennt für den Streit der Staaten Ursachen, fordert dadurch präventives Denken heraus, das nicht beim wehrhaften Staat enden kann. Der Krieg ist nicht aus der Welt, auch heute nicht. Die Frage ist: Tun wir genug für den Frieden und bekämpfen die Ursachen des Unfriedens! Es ist richtig, Hegel hat nicht, wie wir heute darum wissen, die Bedeutung der Diplomatie und Entwicklungshilfe u.a.m. für eine Friedenspolitik auf dem Tablett serviert. Er hat sich zur Verlegenheit bekannt, keine Idee des übergreifenden Fortschritts, gewissermaßen ein utopisches Abstraktum als neue Idee, kreieren zu können.

Blumenberg hat den Text des Höhlengleichnisses vollständig dem Leser zur Kenntnis gegeben: „Sokrates erzählt, wie er Glaukon den Höhlenmythos erzählt hatte.“ (Höhlenausgänge, S. 91ff.) Warum Blumenberg den Text hineingenommen hat, bleibt sein Geheimnis, da er keine Interpretation am Text leistet, sondern zunächst phylogenetisch, dann abendländisch mit einem Ungefähr von Höhlenvorstellung über die nicht geleistete ontogenetische Interpretation hinaus ist, für die er wohl keine Notwendigkeit der Selbsteinlassung und Selbstprüfung gesehen hat, vielleicht auch noch nicht sehen konnte, weil er über den lebens- und bewusstseinsgeschichtlichen Parcours Antworten auf unverstandene beziehungsweise rätselhafte Textstellen im Höhlengleichnis zu finden hoffte. Er hat wohl zu wenig auf sich selber gehört, in sich hineingeschaut, ist Textgelehrter geblieben und hat die ontogenetische Schlüsselfunktion verkannt, die Dreh- und Angelpunkt der Selbst-, Welt- und geschichtlichen Vernunftaufschließung ist.

Sorgfältige Erschließung und Deutung des Ausgangstextes ist gefragt. Und schon der einleitende Satz hat es in sich. Er betrifft das Aufgreifen des „Bildungsmangels“, den Platons Gleichnis für die Höhle anführt im Kontrast zum „Vollbesitz der Bildung“ im Freien, von den Gestirnen des Himmels begleitet und geleitet. Blumenberg fragt nicht darauf zurück, was noch nicht geschehene Bildung für den Gefangenen der Höhle in seiner Kindheit, für das noch entstehende, aber ungebildete Bewusstsein in der Höhle vor knapp zweieinhalb Jahrtausenden geheißen hat. Er hätte mit der allgemeinen Schulpflicht, die ihm doch gerade ein Jahrhundert im Rücken lag, stutzig werden müssen und als Wink für die Konversion und für die neue Lebens- und Welterschließung verstehen müssen: Guru – Adept, Meister – Lehrling, Lehrer – Schüler, Eltern – Kindern. Der pädagogische Bezug bleibt unreflektiert, einfachhin, ob, was und wie er vor Platon gewesen ist und was und wie er nach Platon sich entwickelt hat. Von den Stufen des Aufstiegs der jeweiligen Einwirkung zur Reife im Zuge der neuen „Menschwerdung“ gar nicht mehr zu reden. Einfachhin lässt sich sagen, dass Blumenberg einem Mangel an „Selbstreflexion“ erliegt und von daher auch nicht mehr die Spiegelungen im Wasser und nachgerade besonders die Dinge selbst, die das gymnasiale Erlernen von Mathematik und Fremdsprachen betreffen, nicht wahrzunehmen und aufzugreifen imstande ist. Er ist einfachhin bewusstseinsmäßig der philosophischen Auslese im Umfeld des herrschenden Bewusstseins verhaftet gewesen.

Blumenbergs Zugriff auf die Geschichte Kaspar Hausers hätte ihm ein Licht aufstecken können, nämlich bei der Suche nach der verlorenen Zeit im Höhlendunkel auf die Lebendigkeit des Lebens zurückzufragen und nicht reflexiv neutral, gefühllos tot, ungerührt den ermittelten Experimentalbefund letztgültig zu konstatieren. Da ist nichts Lebendiges mehr, alles ist dem substratgestützten Leben zu größerer Komplexität eines Objekts eingeflossen. Das Leben hat den Körper verlassen. Kaspar Hauser als Leichnam. Blumenbergs Reflexionsanspruch hat die Grenze dieserart Reflexivität gezeigt. Sie ist äußerlich und gegenständlich, nicht auch wirklich subjektiv einfühlend zurückbezogen. Für die erlebte Subjektivität steht letzthinnig rückvergewissernd er allein durch Selbsteinlassung auf den Text. Er flieht sie, bemüht nicht eigene Kindheitserinnerungen als Anhaltspunkt, forscht nicht nach, sei es Verschüttetem oder Verdrängtem oder schon Abgespaltenem hinterher, das Erleben von Hilflosigkeit, Verlassenheit, Verwirrung, das bloße Schreien nach der Mutter. Er ist belesen. Kellers „Abendlied“ hat ihm kein Licht aufgesteckt: „Augen, meine lieben Fensterlein, gebt mir schon so lange holden Schein, lasset freundlich Bild um Bild herein“. Ihm war wohl eher das Bild vom „Panther“, noch hinter Stäben, bekannt. Fürwahr, ein Blumenberg der HJ-Erziehung schimmert durch, welche die „verweichlichende Innerlichkeit“ nicht zulässt. Blumenberg bleibt selbstdistanziert, objektiv: „Eine Interpretation des Höhlengleichnisses muss nicht nur deuten, was dasteht, sondern auch ankreiden, was nicht dasteht.“ (Metaphorologie, S. 45f.) Er konstatiert richtig mentale Voreingenommenheit und konzentrationslose Schwächen, die dem Menschen anhaften, wie das verstockte „Nicht-wahr-haben-wollen“ dieser oder das flippige „Nicht-sehen-wollen“ jener. So beispielsweise die Gemeinde der Ungläubigen im Hinblick auf Newton mit dem Gravitationsnetz oder dort mit Blick auf Goethe mit den Komplementärfarben. Objektiv konstatiert. Funktionell Geschädigte. Aber trifft das nicht auch auf Blumenberg zu? Dem Völkermord entronnen, sieht er im Kampf die Natur versus Selbstbehauptung des Menschen, nicht den urgeschichtlichen Brudermord: Kain und Abel! Wie konnte er die ihm zeitnahen fürchterlichen „Massenschlachtungen“ des Ersten Weltkrieges ausblenden, die doch nicht als Naturkatastrophen über den Menschen hereingebrochen sind? 

Blumenberg nimmt sich aus der ontogenetischen Größe heraus, dafür gehen mit ihm die Pferde phylogenetischer Kundigkeit durch und das Erdenleben unterm Himmelsbogen gerät zur Höhle und über dem Himmelsbogen hinaus liegt das Reich der Transzendenz. So lässt sich auch interpretieren, bliebe denn der Zusammenhang erhalten, der vom Platons Höhlengleichnis vorgegeben ist, nämlich durch Verlassen der Höhle der Leidenschaften, Lüste und Begierden, eine Höhlenwelt, die komplett schon da ist, aber noch nicht erkannt ist und alsdann durch den Eintritt in die vom Forschungsstand ermöglichte und vom philosophischen Paidagogos verdichtete Bildungswelt zur handlungsbefreienden Kundigkeit führt, nämlich zu wissen, was wann, wo und wie etwas am besten zu tun ist, um sich zu den Dingen verhalten zu können. 

Blumenberg bedient den wissenschaftlichen Objektivitätsanspruch exzellent, bleibt auf Distanz, gibt sich sachlich reflexiv, die „ontogenetische“ Verdichtung und Anreicherung im Gang der Phylogenese ist mangelhaft, buntscheckig, oberflächlich, entbehrt der aufbauenden Zusammenfassung und Selbstreflexion. Er lässt sich selbst im eigenen Erleben nicht zu, vermochte darum auch nicht die starre Blickrichtung zur Höhlenwand aufzuklären. Das Dunkelreich instinktiver Lebensreflexe, von Kindheit an, dem sich entwickelnden Kopfkino traumhaft eingespielt, von welchem Stimulus auch immer reaktiv ausgelöst, ist ihm nicht aufgegangen. Er hat den Wissenden hoher Wissenschaftlichkeit und komplizierter Abstraktionsoperationen gespielt, hat die Spiegelungen im Wasser nicht erfasst, den Widerschein, der den Dingen selbst im Wort Vorstellung und Bedeutung gibt, vom Wort Bedeutung gibt, vom Kartenhimmel nicht mehr zu reden, von den Himmelsgestirnen, dem Denk- beziehungsweise Gattungsvermögen der Menschen. Er ist am Ende der Geschichtsreise nicht geständig gewesen, dass er die ungelösten Rätselstellen des Höhlengleichnisses schlicht und einfach wegabstrahiert, Bruchstückwissen aufgetürmt und dem Ganzen „methodische“ Weihe eines metaphorologischen „Brainstormings“ verliehen hat. Taureck ist in dieser Hinsicht, was aufzulösende Rätselhaftigkeit bei aller Bildlichkeit angeht, sein Kontrapunkt.

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